Zu zweit unter Vampiren (Prolog & Kapitel1)

(Ein Fortsetzungsroman aus der Redaktion der Schülerzeitung)

Prolog

Tag 72. Wir haben es geschafft, ZWEI verdammte Monate in diesem Irrenhaus zu überleben! Ha! Alles geht hier so drunter und drüber, dass ich inzwischen nicht mehr so genau weiß, was schlimmer ist: Das viel zu frühe Aufstehen, um in die Schule zu gehen, oder die Tatsache, dass wir mit Vampiren zusammen unter einem Dach leben. Worüber ich da gerade rede? Nun, das ist eine komplizierte Geschichte. Aber lange Geschichte, kurzer Sinn: Unser großer Bruder, Rico, hatte da mal so einen Klassenkameraden, der diesen Kerl kennt, der mit diesem Typen befreundet ist, der einen Onkel mit guten Kontakten hat. Dieser Onkel hat dann einen weiteren Typen kontaktiert, der hier in London gute Beziehungen hat und ja. Jetzt sind wir hier. Kevin und ich haben ein Stipendium für diese gute Schule in London erhalten. Und das war nicht alles: Uns wurde sogar angeboten, dass man sich um unsere Unterkunft kümmern würde. Und das hat man auch gemacht: Kevin und ich leben jetzt in einem riesigen Anwesen, das schon einige Jahrhunderte hinter sich gebracht hatte. Alles schön und gut, wären da nicht unsere Mitbewohner, die Collingwood-Geschwister. Fünf an der Zahl. Nicht so schlimm, ehrlich. Zumindest dann, wenn es Menschen wären. Aber da unsere Glückssträhne mit dem Stipendium schon mehr Glück war, als es gesund sein könnte, leben wir jetzt mit Blutsaugern unter einem Dach. Oder anders gesagt: Mit Vampiren. Ja, genau. Vampire. Diese Kerle mit Fangzähnen, die hübschen Mädchen auflauern, um ihnen in den Hals zu beißen. Aber mal ganz unter uns: Wie habt ihr euch Vampire bis jetzt vorgestellt? Bestimmt dieser typische komm-mir-nicht-zu-nahe-ich-will-dich-nicht-verletzen-Typ. Halt, wie die Vampire in diesen klischeehaften Filmen. Nun, die Vampire, die ich kenne, sind eher dieser Typ: Hör-auf-dich-zu-bewegen-sonst-tut’s-noch-mehr-weh. Sie sind nicht gerade zimperlich und lassen sich keine Chance entgehen, um mir an den Hals zu springen. Kevin hat da schon mehr Glück, immerhin ist er ein Junge und die weiblichen Mitglieder der Collingwood-Geschwister haben es nicht so mit extra Anstrengung für etwas Blut. Die Jungs hingegen würden Köpfe rollen lassen. Aber auch sie haben sich am Anfang etwas verschätzt. Diese Trottel werden mich ganz sicher nicht klein kriegen und ich werde mir Mühe geben, es ihnen jeden Tag unter die Nase zu reiben! Also, dass sie leider nicht an mein Intelligenzlevel rankommen. Ich habe halt viel zu viele Ideen, um Bisse zu vermeiden.  Tja, vor zwei Monaten sah sowieso nach alles etwas anders aus, als heute. Aber ich werde diese Zeit, die ich mit meinem Bruder, der nur zehn verdammte Minuten älter ist, und der Vampirtruppe verbracht habe, nie vergessen. Die meiste Zeit war es natürlich sehr chaotisch…

Kapitel 1

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich das zu groß geratene Haus vor mir an. Okay, zu groß geraten war die Untertreibung des Jahres. Bei dem Haus handelte es sich nämlich um ein riesiges Anwesen. Es wurde u-förmig gebaut und die Tür war mindestens zweieinhalb Meter hoch. Wahrscheinlich wohl eher noch höher, aber bei meinem zurückentwickelten Raumdenken konnte ich das nicht genau sagen.Kevin stand neben mir und legte den Kopf in den Nacken, um das Dach begutachten zu können. Dabei spielte er mit dem Reißverschluss seiner Umhängetasche. Ein ganz deutliches Zeichen: Er malte sich schon die bequemsten Stellen aus. Bequeme Stellen, wo er seine Nase in ein Buch stecken konnte und den ganzen Tag mit Lesen verbringen konnte. Er war ein typisches Beispiel eines Bücherwurms.
Also dann. Ich schnappte meinen Koffer und wartete darauf, dass mein Zwillingsbruder den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte und wir das Anwesen betreten konnte. Als Kevin die Tür aufschob und mir Platz machte, traute ich meinen Augen nicht. Meine Augen rasten von einer Seite zur anderen und ich quiekte: >> Kevin! Schau dir diese Treppe mit dem roten Teppich an! Und die Vase! Und der Kronleuchter! Und das Mädchen! <<
Kurz hielt ich inne. Moment mal. Ein Mädchen? Warum genau saß da eine Blondine auf der Treppe und sah uns aus verschlafenen Augen an? Kevin schien sie auch schon bemerkt zu haben. Skeptisch musterte er sie und fragte: >> Können wir dir irgendwie helfen? << >> Das gleiche wollte gerade ich fragen… <<, gähnte das Mädchen und streckte sich. Noch bevor irgendeiner von uns etwas erwidern konnte, kam ein Junge mit rotbraunem Haar die Treppe runter geschlendert. Als er uns bemerkte, verengten sich seine grünen Augen zu engen Schlitzen und er fauchte: >> Wer zur Hölle seid ihr?! << Oho, er wollte also aggressiv spielen.  Dieses Spiel beherrschte ich besser! Unbekümmert ließ ich meinen Koffer los und fragte gleich zurück:
>> Wer zur Hölle bist du?!<<
>> Ich hab zuerst gefragt! <<, zischte Rotschopf.
>> Ich hab als zweites gefragt!<<
>> Wag es ja nicht, mir in meinem Haus zu widersprechen! Hast du auch nur die leiseste Ahnung, wer meine Wenigkeit ist?<<

>> Hast du auch nur die leiseste Ahnung, wer meine Wenigkeit ist? Und überhaupt, wir leben ab jetzt hier, Kumpel.<<

Überrascht zog der Kerl seinen Zeigefinger zurück, den er während des ganzen gebrüllten Gesprächs auf mich gerichtet hatte. Er zog eine Braue hoch. Aber sein skeptischer Gesichtsausdruck veränderte sich schnell zu einem spöttischen Grinsen. >> Oh, wir haben neue Snacks bekommen? <<

Fortsetzung folgt mit Kapitel 2…

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