Zu zweit unter Vampiren (Kapitel 6)

Als ich wieder zu mir kam, war es draußen schon stockdunkel. Toll. Echt klasse. Ich lag in einem überdimensionalen Bett in einem noch größeren Zimmer mit Balkon. Alles schön und gut, wenn man eine Person war, die besessen nach Pink war. Und das war ich ganz sicher nicht. Aber in diesem Zimmer war wirklich alles pink: Wand, Bettwäsche, Himmelbett. Sogar auf der Kommode stand eine Vase in Rosa mit pinken Rosen. Hier drinnen würde ich noch ernsthaft an die Decke gehen.Gähnend schwang ich die Beine auf den Boden und richtete mich auf. Klamotten, check. Keine Bissspuren, check. Meine Koffer, check. Gut, alles da. Wäre auch nur irgendetwas nicht so, dann hätte ich den Blutschluckern auf jeden Fall Feuer unterm Hintern gemacht. Aber egal jetzt. Höchste Priorität war, dass ich erstmal Kevin fand. Wer weiß, was die mit ihm angestellt hatten, während ich bewusstlos war. Also öffnete ich die Tür, fand mich in einem Flur wieder und lief einfach drauf los. Früher oder später musste ich ihn ja finden. Ich konnte nur hoffen, dass ich nur keinem Blutsauger über den Weg lief. Vielleicht sollte ich einen auf James Bond machen? Keine mal so schlechte Idee…Gedacht, getan. Da meine Klamotten sowieso größtenteils dunkel waren, hatte ich einen Vorteil, voll und ganz in meine neue Rolle zu schlüpfen. Was tat man nicht alles, um gut wegzukommen? Heute Morgen noch Wissenschaftler und Stalker, heute Nacht super geheimer Geheimagent. So kann’s im Leben laufen.

Vorsichtig schlich ich an die Wand gedrückt den Flur entlang. Hier sah es aus wie in einem Gruselkabinett, das musste ich diesen Vampiren lassen. Hier würde es mir noch gefallen, da war ich mir ziemlich sicher. Es fehlten nur noch Zombies. Und der Beweis, dass wir von diesen Kerlen nur auf den Arm genommen wurden. Vielleicht waren sie ja doch gar keine Vampire? Nach einigen Minuten kam ich zu einer Treppe und erkannte sofort das Foyer mit dem Haupteingang. Leise schlich ich runter und erkannte Licht im Türspalt der hintersten Tür. Auch Gelächter war zu hören. Kevin wurde doch nicht etwa… Panik ergriff mich, sodass ich mich selbst nicht mehr verstand. Normalerweise geriet ich doch nie so aus der Fassung… Mit schnellen, aber leisen Schritten glitt ich auf die Tür zu. Das Gelächter wurde lauter und lauter. Was die da wohl mit meinem armen Bruder trieben? Vorsichtig öffnete ich die Tür und schielte in das Zimmer, was sich als Wohnzimmer entpuppte. An der Wand hing eine Dartscheibe. Auf dem Sofa saßen die fünf Geschwister versammelt. Die eine genervt, die andere schläfrig. Der Trottel grinste von einem Ohr zum anderen, die Brillenschlange schien amüsiert zu sein. Der Kleine mit dem Teddy hielt Sicherheitsabstand. Und unter ihnen saß Kevin auf dem Sofa. Mit Karten in der Hand. Mit einem fetten Grinsen auf den Lippen. Okay, was um alles in der Welt hatten sie mit einem monotonen Bruder gemacht?!

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